Warndienst Nr. 22

Warndienst Nr. 22_2023

Pflanzenschutz und Pflanzenbau des Landratsamtes Sigmaringen

02.10.2023

 

Da in den nächsten Tagen der Wetterbericht wenn überhaupt nur am Dienstag teilweise Niederschläge vorhersagt, macht es vielleicht für die Betriebe, welche schon gesät haben und die Bodenwirkung für die Ackerfuchsschwanzbekämpfung benötigen Sinn eine Maßnahme zu planen. In der jetzigen Situation ist eine Applikation direkt nach dem Niederschlag vermutlich die besser Wahl.

 

Ein Herbizideinsatz im Herbst ist einer Frühjahrsbehandlung vorzuziehen, weil nach dem Winter die Unkräuter und Ungräser zu weit entwickelt sein könnten, die Böden nicht immer rechtzeitig befahrbar sind und ungünstige Witterung (z. B. Nachtfrost) eine zeitgerechte Maßnahme verhindern könnte. Schäden an den Kulturen sind zudem häufiger ertragswirksam und die Auswahlmöglichkeiten bei den Herbiziden teilweise deutlich begrenzt sind. Jedoch müssen die Bedingungen (Bodenfeuchte, Entwicklungsstadium der Ungräser und –kräuter) auch im Herbst passen. Insbesondere bei den früh gesäten Getreidearten Wintergerste, Roggen und Triticale muss der Herbizideinsatz im Herbst eingeplant werden. Bei absoluten Spätsaaten (Weizen) ist der Unkrautdruck im Herbst in der Regel gering, sodass Frühjahrsbehandlungen eventuell sinnvoller sind. Auch bei sehr grobscholligem Saatbeet und gleichzeitig späteren Saatzeitpunkten, bei dem nach dem Zerfallen der Kluten erneut Ungräser und Unkräuter auflaufen können, hat die Frühjahrsbehandlung insbesondere bei Weizen Vorteile.

Bei einer Herbstbehandlung mit einem Vorauflaufherbizid sollte das Saatbeet fein, gut abgesetzt und feucht sein bzw. Niederschlag nach der Behandlung folgen und ca. 2 Tage nach der Behandlung frostfrei sein. Damit es keine Unebenheiten im Feld gibt, bietet sich ein Walzeneinsatz nach der Saat an, sodass Spritzschatten vermieden werden und sich bei der Applikation ein gleichmäßiger, lückenloser Herbizidfilm bilden kann.

Eine umfangreichere Herbizidliste enthält der Ratgeber „Integrierter Pflanzenschutz 2023“ (Seite 48 bis 51, Tabelle 21), vollständige Hinweise zu den einzelnen Mitteln stehen in der Gebrauchsanleitung.

Aufgrund zunehmender Resistenzen gegen Ackerfuchsschwanz (Afu) und auch Windhalm bei Wirkstoffen der WSSA-Gruppen 1 und 2 (ALT: HRAC Gruppen A und B; betrifft fast alle blattaktiven Gräsermittel) sollten Herbstbehandlungen als Resistenzbrecher eine zentrale Rolle in der Herbizidstrategie spielen. Nur im Herbst können die WSSA Wirkstoffgruppen eingesetzt werden, die von Resistenzen noch kaum betroffen sind. Der zentrale Baustein ist der Wirkstoff Flufenacet, der kombiniert mit anderen Wirkstoffen adäquate Lösungen bei unterschiedlichen Verunkrautungen und Gräserdruck bietet.

Beim Einsatz von Bodenherbiziden, die auf dem Wirkstoff Flufenacet aufgebaut sind – also z.B. Cadou, Herold, Malibu, Broadcast Duo, … – ist der Vor- bzw.  frühe Nachauflauf der beste Zeitpunkt um Gräser effektiv zu bekämpfen. Auf Fuchsschwanz‐Standorten empfiehlt sich eine Behandlung direkt nach der Aussaat bis spätestens dem Spitzen des Getreides. Geht es lediglich um die Bekämpfung von Windhalm, kann bis zum sichtbar werden der Fahrgassen (Windhalm max. 2 Blätter) abgewartet werden. Der Wirkstoff Flufenacet erfährt eine Unterstützung in der Gräserwirkung durch die Wirkstoffe Pendimethalin (z.B. StompAqua, Activus, …), Chlortoluron (z. B. Lentipur, Toluron 700 SC, Anwendungsbestimmungen beachten), Aclonifen (Mateno Duo), Beflubutamid (Beflex), Picolinafen (Quirinus, Pontos) oder vor allem durch Prosulfocarb (Boxer, Filon, Jura). Auf Standorten mit ausgeprägten Ackerfuchsschwanzresistenzen zeigt die Mischung aus Prosulfocarb und Flufenacet gute Wirkungsgrade.

Wenn nur Windhalm vorhanden ist, können auch Produkte wie Carmina 640, Trinity, … eingesetzt werden. Hierbei sollten Sie beachten, dass nicht alle Weizensorten eine CTU – Verträglichkeit besitzen und die Anwendungsbestimmungen einhalten. 

Ein anderer Wirkstoff (Flumioxazin) ist in dem Produkt Sumimax enthalten. Dieses Mittel ist ausreichend gegen Windhalm und die übliche zweikeimblättrige Verunkrautung wirksam, allerdings nicht gegen Ackerfuchsschwanz und ist nur in WW zugelassen. 

Die Wirkung der oben beschriebenen Mittel kann gegen Ausfallraps durch eine Teilmenge von ca. 10 g/ha Pointer SX verbessert werden (ab dem 3-Blatt-Stadium der Kultur).

Bei der Ungras- und Unkrautbehandlung muss beachtet werden, dass bei Trockenheit oder sehr klutigen Böden und gleichzeitig starkem Ackerfuchsschwanzdruck, der bei der Behandlung schon mehr als ein Blatt „besitzt“ reine Bodenherbizide überfordert sind. Standorte mit Ackerfuchsschwanz und Unkräutern sollten dann mit Kombinationen aus blatt- und bodenaktiven Mitteln behandelt werden, um den Neuauflauf von Unkräutern sowie die Resistenzgefahr blattaktiver Herbizide zu minimieren. Stimmt allerdings Bodenfeuchtigkeit und Bodenstruktur kann bei schwachem bis mittleren Afu-Besatz oder auf reinen Windhalmstandorten mit vorwiegend bodenwirksamen Mitteln gearbeitet werden.

 Wenn allerdings der frühe Zeitpunkt für Bodenherbizide versäumt wurde, kann in der Wintergerste nur noch mit einem reinen Blattherbizid wie Axial 50 gegen Ackerfuchsschwanz behandelt werden. Axial 50 hat die beste Wirkung zum Ende der Vegetation (Nikolausspritzung). Dieses Mittel muss mit einem Partner gegen zweikeimblättrige Unkräuter kombiniert werden. Viper Compact, Stomp Aqua, Agolin, Malibu, Trinity, Herold, … können hier zum Einsatz kommen. Noch besser ist die Ausbringung im Splittingverfahren. Eine zweimalige Anwendung (Herbst + Frühjahr) von Axial 50 ist rechtlich verboten und macht aus resistenzgründen auch keinen Sinn. Bei Weizen besteht als Notmaßnahme bei unzureichenden Wirkungsgraden die Möglichkeit der Nachbehandlung mit Niantic oder Traxos. Der Einsatz von Niantic im Herbst wird nicht empfohlen, da aus Resistenzmanagementgründen diese noch gut wirksamen Wirkstoffe auf Frühjahrsanwendungen in Weizen beschränkt werden sollten. Niantic hat im Herbst nur dann seine Berechtigung, wenn massive Trespenprobleme vorhanden sind, kann dann aber nur in Weizen eingesetzt werden.

 

Bitte beachten: 

Bei der Planung der Unkrautbekämpfungsmaßnahmen in Wintergetreide müssen die vorgeschriebenen Anwendungsbestimmungen mit einkalkuliert werden. Der Anwender sollte sich

daher rechtzeitig damit vertraut machen. Insbesondere die Auflagen zu Saumbiotopen und zum Gewässerschutz, wie unbehandelte, begrünte Randstreifen bei Hangneigung über 2% und Gewässerabstände können den Einsatz einiger Mittel stark einschränken. Auch sind die Abstandsauflagen an AWGN-Gewässern zu berücksichtigen. Teilweise haben Produkte bei unterschiedlichen Aufwandmengen auch unterschiedliche Abstände zu den Gewässern. Ähnliches gilt bei Generkia-Produkten. Diese haben fast immer höhere Abstände zum Gewässer wie die Originale.

Der Wirkstoff Chlortoluron darf nicht eingesetzt werden auf drainierten Flächen (NG405), leichten Böden (NG 414: Sand bis schwach schluffiger toniger Sand mit Corg <1,5%). Außerdem gilt die Hangneigungsauflage NG 404: bei einer Hangneigung>2% zwischen behandelter Fläche und Oberflächengewässer muss eine mindestens 20m breite geschlossene Pflanzendecke vorhanden sein oder die Saat im Direktsaat, bzw. Mulchsaatverfahren erfolgt sein.

Es gelten die untenstehenden Anwendungsbestimmungen für Pendimethalin- und Prosulfocarb- haltige Mittel (z.B.: Stomp Aqua, Picona, Activus, Addition/Agolin, Malibu, Trinity, Boxer/Filon, Jura, …) die die Verflüchtigung und Abdrift herabsetzen sollen.

Die Anwendungsbestimmungen haben folgenden Wortlaut:

 (NT145) "Das Mittel ist mit einem Wasseraufwand von mindestens 300 l/ha auszubringen. Die Anwendung des Mittels muss mit einem Gerät erfolgen, das in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" vom 14. Oktober 1993 (Bundesanzeiger Nr. 205, S. 9780) in der jeweils geltenden Fassung, mindestens in die Abdriftminderungsklasse 90 % eingetragen ist. Abweichend von den Vorgaben im Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" sind die Verwendungsbestimmungen auf der gesamten zu behandelnden Fläche einzuhalten."

 (NT146) "Die Fahrgeschwindigkeit bei der Ausbringung darf 7,5 km/h nicht überschreiten."

 (NT170) "Die Windgeschwindigkeit darf bei der Ausbringung des Mittels 3 m/s nicht überschreiten."

Produkte wie z.B.: Addition, Agolin, Jura, Trinity, Viper Compact, Sunfire, … dürfen auf drainierten Flächen nur bis zum 31.Oktober eingesetzt werden. 

 

Es wird darauf hingewiesen, dass landesweit Kontrollen bezüglich Gewässerabstandsauflagen und

CTU – Anwendungsbestimmungen durchgeführt werden.

Zuwiderhandlungen sind bußgeldpflichtig und es werden noch Abzüge bei den

Prämienzahlungen vorgenommen. Informieren Sie sich deshalb rechtzeitig.

 

IPSplus

Betriebe, die Flächen in Schutzgebieten bewirtschaften müssen die Bestimmungen des IPSplus beachten. Eine der mehreren Maßnahmen ist, dass in Schutzgebieten pro Bewirtschaftungseinheit ein Spritzfenster anzulegen (Maßnahme A8.1) ist.

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