Warndienst Nr. 19_2023
Pflanzenschutz und Pflanzenbau des Landratsamtes Sigmaringen
23.08.2023
Winterraps
Obwohl in unserem Landkreis noch nicht alle Getreideflächen abgeerntet sind, steht die nächsten Tage die Rapsaussaat an. Eine
gute Vorbereitung der Aussaatflächen ist auch in diesem Jahr der Grundstein für eine erfolgreiche Unkrautbekämpfung und
damit für einen hohen Ertrag. Dies gilt für das Mulchsaat- und Pflugverfahren gleichermaßen. Hier gilt Saatbeet steht vor
Saatzeit. Eine sorgfältige Einarbeitung von Strohresten und die Schaffung eines feinkrümeligen und genügend abgesetzten
Saatbeetes fördert das rasche und gleichmäßige Auflaufen des Rapses. Auch vorhandene Unkräuter und Ungräser laufen
zügig und gleichmäßig auf und können deshalb optimal mit Herbiziden bekämpft werden.
Damit die Kosten für die Unkrautbekämpfung nicht ausufern, sollte die Auswahl der geeigneten Herbizide an der vorhandenen
Unkrautflora (Problemunkräuter und –gräser) und den Böden festgemacht werden. Wir beobachten insbesondere in
rapsreichen Fruchtfolgen eine Veränderung des Unkrautspektrums hin zu schwerer bekämpfbaren Arten wie Storchschnabel,
Stiefmütterchen und den Kreuzblütlern Hirtentäschel und Hellerkraut aber auch vermehrt zu (resistentem)
Ackerfuchsschwanz.
Bei trockenen Bedingungen (Bodenoberfläche) ist eine Vorauflaufbehandlung wenig sinnvoll. Reagieren Sie kurzfristig und denken Sie
hierbei über eine Alternative im Nachauflauf nach.
Betriebe, die Rapsflächen in Schutzgebieten bewirtschaften müssen die Auflagen des IPSplus beachten (z.B.: Spritzfenster,
Überwachung Schnecken, …). Unter folgendem Link
(https://ltz.landwirtschaft-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Arbeitsfelder/Integrierter+Pflanzenschutz) können Sie die genauen Vorgaben
nachlesen.
Clomazonehaltige Produkte im VA
Die Hürden für den Einsatz von clomazonehaltigen Produkten sind weiterhin hoch, besonders in unserer reichstrukturierten und
kleinräumigen Landschaft sind viele Flächen, insbesondere Randstrukturen vom Einsatz mit Clomazone ausgeschlossen. Es sind aber
dennoch die wirksamsten Mittel bei den Problemunkräutern Ackerhellerkraut und Hirtentäschel mit guter Wirkung auch gegen
Raukearten. Mögliche Mischungen sind z.B.: 2,0 l Butisan Kombi + 0,33l Gamit 36 AMT, Quantum 2,0 (keine Anwendung auf drainierten
Flächen) + 0,33l Gamit 36 AMT, 3,0-4,0 l Colzor Trio, ….
Beim Einsatz von Clomazone sollte auch auf die ackerbaulichen Bedingungen geachtet werden. Das heißt, dass das Saatbeet abgesetzt
sein sollte, mit dem Auflaufen des Rapses zu rechnen ist und keine Starkniederschläge angekündigt sind.
Nach wie vor gelten je nach Produkt folgende Anwendungsbestimmungen:
Vor der Anwendung:
NT152: Die Anwendung des Mittels darf nur auf Flächen erfolgen, die vorher in einen flächenscharfen Anwendungsplan aufgenommen
wurden, der den Saatzeitpunkt, den geplanten und den tatsächlichen Anwendungszeitpunkt, die Aufwandmenge, die Wassermenge und Details
der Anwendungstechnik enthält. Der Plan ist während der Behandlung für Kontrollzwecke mitzuführen.
NT153: Spätestens einen Tag vor der Anwendung von Clomazone-haltigen Pflanzenschutzmitteln sind Nachbarn, die der Abdrift
ausgesetzt sein könnten, über die geplante Anwendung zu informieren, sofern diese eine Unterrichtung gefordert haben.
Bei der Anwendung:
NT127: Die Anwendung des Mittels darf ausschließlich zwischen 18 Uhr abends und 9 Uhr morgens erfolgen, wenn
Tageshöchsttemperaturen von mehr als 20 °C Lufttemperatur vorhergesagt werden. Wenn Tageshöchsttemperaturen von mehr als 25
°C vorhergesagt werden, darf das Mittel nicht angewendet werden.
NT145: Das Mittel ist mit einem Wasseraufwand von mindestens 300 l/ha auszubringen. Die Anwendung des Mittels muss mit einem Gerät
erfolgen, das in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" vom 14. Oktober 1993 (Bundesanzeiger Nr. 205, S. 9780) in der jeweils
geltenden Fassung, mindestens in die Abdriftminderungsklasse 90 % eingetragen ist. Abweichend von den Vorgaben im Verzeichnis
"Verlustmindernde Geräte" sind die Verwendungsbestimmungen auf der gesamten zu behandelnden Fläche einzuhalten.
NT146: Die Fahrgeschwindigkeit bei der Ausbringung darf 7,5 km/h nicht überschreiten.
NT154: Bei der Anwendung des Mittels ist ein Abstand von 50 m zu Ortschaften, Haus- und Kleingärten, Flächen mit bekannt
clomazone-sensiblen Anbaukulturen (z.B. Gemüse, Beerenobst) und Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind,
einzuhalten. Dieser Abstand ist ebenso einzuhalten zu Flächen, auf denen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 834/2007
(Ökoverordnung) und gemäß der Verordnung über diätetische Lebensmittel (Diätverordnung) produziert wird. Der
Abstand von 50 m kann auf 20 m reduziert werden, wenn das Mittel nicht in Tankmischung mit anderen Pflanzenschutzmitteln oder Zusatzstoffen
ausgebracht wird. Zu allen übrigen angrenzenden Flächen (ausgenommen Flächen, die mit Winterraps, Getreide, Mais oder
Zuckerrüben bestellt wurden, sowie bereits abgeerntete Flächen wie z.B. Stoppelfelder) ist ein Abstand von mindestens 5 m
einzuhalten.
NT155: Bei der Anwendung des Mittels ist ein Abstand von 50 m zu Ortschaften, Haus- und Kleingärten, Flächen mit bekannt
clomazone-sensiblen Anbaukulturen (z.B. Gemüse, Beerenobst) und Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind,
einzuhalten. Dieser Abstand ist ebenso einzuhalten zu Flächen, auf denen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 834/2007
(Ökoverordnung) und gemäß der Verordnung über diätetische Lebensmittel (Diätverordnung) produziert wird. Zu
allen übrigen angrenzenden Flächen (ausgenommen Flächen, die mit Winterraps, Getreide, Mais oder Zuckerrüben bestellt
wurden, sowie bereits abgeerntete Flächen wie z.B. Stoppelfelder) ist ein Abstand von mindestens 5 m einzuhalten.
Nach der Anwendung:
NT149: Der Anwender muss in einem Zeitraum von einem Monat nach der Anwendung wöchentlich in einem Umkreis von 100 m um die
Anwendungsfläche prüfen, ob Aufhellungen an Pflanzen auftreten. Diese Fälle sind sofort dem amtlichen Pflanzenschutzdienst
und der Zulassungsinhaberin zu melden.
Nicht Clomazonehaltige Produkte im VA
Die Grundlage der clomazonefreien Behandlung bildet die Vorlage eines metazachlorhaltigen Produkts womit beim Einsatz im VA eine gute
Bekämpfung gegen Hirtentäschel und Ackerhellerkraut gegeben sind. Als Produkte geeignet sind z.B.: 2,5 l Butisan Gold, 2,5 l
Butisan Kombi, 2,0 l Fuego Top, …. Butisan Gold ist sicher das am breitesten wirkenden Mittel, da 3 Wirkstoffe enthalten sind, die
sich gut ergänzen. Die Kombination bei Butisan Gold/Kombi aus Metazachlor und Dimethenamid-P ist bei Niederschlägen im Vorauflauf
der erste Schritt zur Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz (Resistenzmanagement). Die eigentliche Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz
und Ausfallgetreide erfolgt im Zwei bis Drei – Blattstadium der Gräser. Gegen Storchschnabel sind Butisan Gold bzw. –Kombi
am besten wirksam. Denkbar sind auch Mischungen mit 1,0 l Quantum und 1,5 l Fuego Top, die preislich etwas günstiger sind. Allerdings
hat Quantum die Auflage NG 405 und daher darf dieses Produkt nicht auf drainierten Flächen ausgebracht werden. Im Vorauflauf kann auch
Runway VA eingesetzt werden, welches eine recht gute Wirkung gegen Stiefmütterchen zeigt und ansonsten gut gegen Kamille, Mohn und
Kornblume wirkt.
Bei Runway VA muss die Auflage NG 349 beachtet werden, die einen Einsatz des Wirkstoffs Aminopyralid (Milestone, Synero 30 SL) im
folgenden Kalenderjahr auf der gleichen Fläche verbietet.
Nicht Clomazonehaltige Produkte im NA
Breit wirksam sind z.B.: Butisan Gold, Butisan Top, Fuego Top und Katamaran Plus, in denen unter anderem der Wirkstoff Quinmerac
enthalten ist, der für eine sehr gute Wirkung gegenüber dem Klettenlabkraut sorgt. Allerdings nimmt bei diesen Mitteln die
Wirksamkeit gegen Kreuzblütler im frühen NA deutlich ab. Fuego Top, Butisan Top oder Butisan Kombi lassen sich gut in Mischung
mit Runway einsetzen. Bei Runway muss die Auflage NG 349 (Auf derselben Fläche keine Anwendung von Pflanzenschutzmitteln mit dem
Wirkstoff Aminopyralid im folgenden Kalenderjahr) und NG 350 (Auf derselben Fläche keine Anwendung von Pflanzenschutzmitteln mit dem
Wirkstoff Clopyralid [Ariane C, Effigo, Lontrel] im folgenden Kalenderjahr) beachtet werden.
Um den Wirkstoffeinsatz Metazachlor auf wassersensiblen Standorten zu reduzieren können auch reduzierte Aufwandmengen von den oben
genannten Produkten mit dem Produkt Tanaris gemischt oder Tanaris solo mit 1,5 l/ha vorgelegt werden. Beachten Sie bei Tanaris die
Anwendungsbestimmung NG343 (Die maximale Aufwandmenge von 250 g Quinmerac pro Hektar und Jahr auf derselben Fläche darf - auch in
Kombination mit anderen diesen Wirkstoff enthaltenden Pflanzenschutzmitteln - nicht überschritten werden).
Für den Nachauflauf
Das Clomazone- und Metazachlor-freie Herbizid Belkar (48 g/I Picloram, 10 g/I Halauxifen-methyl) wurde mit max. 0,5 l/ ha gegen
einjährige zweikeimblättrige Unkräuter zur Unkrautbekämpfung im Nachauflauf zugelassen. Der neue Wirkstoff kommt aus
der WSSA-Gruppe 4 (Alt: HRAC-Gruppe O). Die Wirkstoffe aus dieser Gruppe sind kaum resistenzgefährdet. Die Wirkungsstärken liegen
bei Klettenlabkraut, Kornblume, Kamillearten, Klatschmohn, Storchschnabel, Ackerhellerkraut und Hirtentäschel. Mit Belkar können
resistente Unkrautbiotypen bekämpft werden.
Der Vorteil von Belkar ist, dass man es im Nachauflauf gegen viele relevante Rapsunkräuter einsetzen kann. Somit können Sie
mit der Herbizidbehandlung warten, bis klar ist, ob sich der Raps ausreichend gut etabliert hat.
Die Aufwandmenge beträgt 0,5 l/ha als Einmalbehandlung oder als Splitting 2 x 0,25 l/ha. Belkar wird mit Synero 30 SL (30 g/I
Aminopyralid) im Belkar Power Pack (Belkar + Synero 30 SL) vermarktet. Synero 30 SL ist eine Vertriebszulassung von Runway VA. Die
Spritzfolge von 0,25 l/ha Belkar + 0,25 l/ha Synero 30 SL l/ha im BBCH 12-14 des Rapses gefolgt von 0,25 l/ha Belkar ab BBCH 16 bis 18 im
Abstand von mindestens 14 Tagen oder die Einmalbehandlung von 0,5 l/ha Belkar + 0,25 l/ha Synero 30 SL ab BBCH 16 bis 18 werden empfohlen.
Dabei gilt die Spritzfolge als wirkungssicherer. Bei der Einmalbehandlung mit 0,5 l/ha Belkar + 0,25 l/ha Synero 30 SL ab dem 6.
Laubblattstadium darf nur Bor und ein Insektizid zugemischt werden. Eine Anwendung von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Aminopyralid
im folgenden Kalenderjahr ist verboten (NG349).
Als Mischpartner sind bislang nur wenige Produkte freigegeben. Bei der 1. Splitting-Anwendung sind dies alle Insektizide, Bordünger
und Mehrnährstoffdünger sowie die Gräsermittel Focus Ultra + Dash (bis zu 2,0 + 2,0 l/ha), Panarex (1,25 l/ha), Select +
Radiamix (0,5 + 1,0 l/ha), VextaDim + Vexzone (0,5 + 0,5 l/ha), Flua Power (0,8 l/ha) und Balista Super (0,8 l/ha). Nicht freigegeben sind
Mischungen mit allen anderen Herbiziden. Bei der 2. Splittinganwendung können dann Fungizide/Wachstumsregler (Folicur 0,5 – 0,75
l/ha oder Tilmor 0,75-1,0 l/ha oder Toprex 0,35-0,5 l/ha oder Orius 0,6 – 1,0 l/ha oder Architect 1,6 l/ha + 0,8 kg/ha Turbo)
hinzugefügt werden. Ein gleichzeitiger Einsatz von Graminiziden und Fungiziden/Wachstumsreglern in Tankmischungen wird nicht
empfohlen. Zudem ist bei Solofahrten immer ein Abstand zwischen Belkar- und Fungizid/Wachstumsregler – Maßnahmen von mind. einer
Woche (mind. 7 Tage) einzuhalten. Bei einer Einmalbehandlung können nur Insektizide und Bordünger/Mehrnährstoffdünger
zugemischt werden. Zu guter Letzt muss man auf Flächen, auf denen Belkar eingesetzt werden soll, gänzlich auf einen Herbsteinsatz
von Metconazol-haltigen Fungiziden verzichten. Der Wirkstoff Metconazol ist in Carax, Efilor und Caramba enthalten. Erst im Frühjahr
ist deren Anwendung wieder möglich.
Ein weiteres Produkt für den Nachauflauf in wassersensiblen Gebieten ist Gajus. Spätestens im Keimblattstadium der Unkrauter
sollte Gajus appliziert werden um eine optimale Wirkung zu erreichen, optimal zum Auflaufen des Rapses (ES 10: Keimblätter voll
entfaltet). Zu beachten ist die Auflage NG353 (Innerhalb von 3 Jahren darf die maximale Aufwandmenge von 1200 g Pethoxamid pro Hektar auf
derselben Fläche - auch in Kombination mit anderen diesen Wirkstoff enthaltenden Pflanzenschutzmitteln - nicht überschritten
werden), wenn Mais in der Fruchtfolge steht und z.B. mit Quantum behandelt wird, sowie die Auflage NW 800, welche jedoch Systembedingt
keine Rolle spielt. Um die Wirkungslücken bei Klatschmohn, Kornblume, Stiefmütterchen und Klette zu verbessern, kann Runway mit
0,2 l/ha in ES 14-16 nachgelegt werden.
Im späten NA kann Fox gegen Stiefmütterchen und Effigo bei ungenügender Wirkung gegen Kornblume, Kamille und
Klettenlabkraut eingesetzt werden. Fox kann nur mit Insektiziden, Bor und/oder Runway gemischt werden. Während der Behandlung
müssen die Rapspflanzen trocken sein und ein helles Wetter nach der Anwendung erhöht die Wirksamkeit.
Schneckenbekämpfung
Legen Sie relativ schnell nach der Aussaat feuchte Jutesäcke, Bretter, Schneckenfolien oder ähnliche Materialien aus, um den
Besatz zu ermitteln und bei Bedarf rechtzeitig zu behandeln. Als Bekämpfungsrichtwert für Winterraps kann während des
Gefährdungszeitraums 1 Schnecke je Kontrollstelle angesetzt werden. Zugelassene Molluskizide finden Sie im „Integrierter
Pflanzenschutz 2023“ auf der Seite 22 in Tabelle 3.
Bei Rapsflächen in Schutzgebieten müssen die Bekämpfungsschwellen dokumentiert werden (siehe IPSplus).
Beachten Sie, dass seit dem 31.12.2020 auch schleppergetragene oder aufgebaute Granulatstreugeräte erstmals und dann nach jeweils
sechs Kalenderhalbjahren von einer amtlich anerkannten Kontrollwerkstatt geprüft werden müssen. Granulatstreugeräte
(Mineraldüngersteuer, Exaktstreuer, …) für Pflanzenschutzmittel (z.B. Schneckenkorn) müssen beim Einsatz über
eine gültige Prüfplakette verfügen. Verstöße gegen diese Regelung sind bußgeldbewehrt.
Durch die Auflage NT 116 darf Schneckenkorn nicht mehr auf Nachbarflächen (Hecken, Waldränder, …) gelangen.
Landwirtschaftliche Flächen sind hiervon ausgenommen. Bitte beachten Sie dies bei der Ausbringung am Feldrand. Die Auflage NT870 haben
fast alle Molluskizide und muss beachtet werden. Dies bedeutet, dass beim Auftreten von Weinbergschnecken die Anwendung verboten ist.