Warndienst Nr. 23_2024
Pflanzenschutz und Pflanzenbau des Landratsamtes Sigmaringen
26.09.2024
Da teilweise schon Wintergetreide ausgesät wurde, sind bei entsprechendem Unkraut- bzw. Ungrasdruck Vorauflaufapplikationen von Vorteil. Nachfolgend eine grobe Übersicht der Möglichkeiten.
IPSplus
Wer Flächen in Schutzgebieten:
- Landschaftsschutzgebieten
- Natura 2000-Gebieten (FFH- und Vogelschutzgebiet)
- auf intensiv genutzten land- und fischereiwirtschaftlichen Flächen in Kern- und Pflegezonen
von Biosphärengebieten
- in gesetzlich geschützten Biotopen
- bei Naturdenkmalen
bewirtschaftet, darf Pflanzenschutzmaßnahmen nur durchführen, wenn die zusätzlichen landesspezifischen Vorgaben (IPSplus) eingehalten werden. Dies gilt für konventionell wie biologisch wirtschaftende Betriebe.
Unter folgendem Link finden Sie die einzelnen Maßnahmen.
https://ltz.landwirtschaft-bw.de/,Lde/Startseite/Arbeitsfelder/Integrierter+Pflanzenschutz
Bei der Herbizidanwendung sollten Sie auf jeden Fall an die Anlage eines „Spritzfensters“ (A 8.1) denken.
Herbizid Wintergetreide
Ein Herbizideinsatz im Herbst ist einer Frühjahrsbehandlung vorzuziehen, weil nach dem Winter die
Unkräuter und Ungräser zu weit entwickelt sein könnten, die Böden nicht immer rechtzeitig befahrbar
sind und ungünstige Witterung (z. B. Nachtfrost) eine zeitgerechte Maßnahme verhindern könnte.
Schäden an den Kulturen sind zudem häufiger ertragswirksam und die Auswahlmöglichkeiten bei den
Herbiziden teilweise deutlich begrenzt sind. Auch ist die Resistenzgefahr bei den Frühjahrsprodukten deutlich höher. Jedoch müssen die Bedingungen (Bodenfeuchte, Entwicklungsstadium der Ungräser und –kräuter) auch im Herbst passen.
Insbesondere bei den früh gesäten Getreidearten Wintergerste, Roggen und Triticale muss der
Herbizideinsatz im Herbst eingeplant werden. Bei absoluten Spätsaaten (Weizen) ist der Unkrautdruck
im Herbst in der Regel gering, sodass Frühjahrsbehandlungen eventuell sinnvoller sind. Auch bei sehr
grobscholligem Saatbeet und gleichzeitig späteren Saatzeitpunkten, bei dem nach dem Zerfallen der
Kluten erneut Ungräser und Unkräuter auflaufen können, hat die Frühjahrsbehandlung insbesondere
bei Weizen Vorteile.
Bei einer Herbstbehandlung mit einem Vorauflaufherbizid sollte das Saatbeet fein, gut abgesetzt und feucht sein bzw. Niederschlag nach der Behandlung folgen und noch ca. 2 Tage nach der Behandlung frostfrei sein. Damit es keine Unebenheiten im Feld gibt, bietet sich ein Walzeneinsatz nach der Saat an, sodass Spritzschatten vermieden werden und sich bei der Applikation ein gleichmäßiger, lückenloser Herbizidfilm bilden kann. Damit Spritzschatten reduziert werden, können Doppelflachstrahldüsen eingesetzt werden.
Eine Auswahl an Herbiziden enthält der Ratgeber „Integrierter Pflanzenschutz 2024“ (Seite 48 bis 51, Tabelle 20), vollständige rechtliche Hinweise zu den einzelnen Mitteln stehen in der jeweiligen Gebrauchsanleitung.
Aufgrund zunehmender Resistenzen gegen Ackerfuchsschwanz (Afu) und auch Windhalm bei Wirkstoffen der WSSA-Gruppen 1 und 2 (ALT: HRAC Gruppen A und B; betrifft fast alle blattaktiven Gräsermittel) sollten Herbstbehandlungen als Resistenzbrecher eine zentrale Rolle in der Herbizidstrategie spielen. Nur im Herbst können die WSSA Wirkstoffgruppen eingesetzt werden, die von Resistenzen noch kaum betroffen sind. Der zentrale Baustein ist der Wirkstoff Flufenacet, der kombiniert mit anderen Wirkstoffen adäquate Lösungen bei unterschiedlichen Verunkrautungen und Gräserdruck bietet.
Beim Einsatz von Bodenherbiziden, die auf dem Wirkstoff Flufenacet aufgebaut sind – also z.B.
Cadou SC, Herold, Malibu, Broadcast Duo, … – ist der Vor- bzw. frühe Nachauflauf der beste Zeitpunkt um Gräser effektiv zu bekämpfen.
Auf Fuchsschwanz‐Standorten empfiehlt sich eine Behandlung direkt nach der Aussaat bis spätestens dem Spitzen des Getreides (Fahrgassen sind zu erahnen). Geht es lediglich um die Bekämpfung von Windhalm, kann bis zum sichtbar werden der Fahrgassen (Windhalm max. 2 Blätter) abgewartet werden.
Der Wirkstoff Flufenacet erfährt eine Unterstützung in der Gräserwirkung durch die Wirkstoffe Pendimethalin (z.B. StompAqua, Activus, …), Chlortoluron (z. B. Lentipur, Toluron 700 SC, …. Anwendungsbestimmungen beachten), Aclonifen (Mateno Duo), Beflubutamid (Beflex), Picolinafen (Quirinus, Pontos) oder vor allem durch Prosulfocarb (Boxer, Filon, Jura, …). Auf Standorten mit ausgeprägten Ackerfuchsschwanzresistenzen zeigt die Mischung aus Prosulfocarb und Flufenacet gute Wirkungsgrade.
Wenn nur Windhalm vorhanden ist, können auch Produkte wie Carmina 640, Trinity, … eingesetzt werden. Hierbei sollten Sie beachten, dass nicht alle Weizensorten eine CTU – Verträglichkeit besitzen und Sie die Anwendungsbestimmungen einhalten.
Ein anderer Wirkstoff (Flumioxazin) ist in dem Produkt Sumimax enthalten. Dieses Mittel ist ausreichend gegen Windhalm und die übliche zweikeimblättrige Verunkrautung wirksam, allerdings nicht gegen Ackerfuchsschwanz und ist nur in Winterweizen zugelassen.
Die Wirkung der oben beschriebenen Mittel kann gegen Ausfallraps durch eine Teilmenge von ca. 10 g/ha Pointer SX verbessert werden (ab dem 3-Blatt-Stadium der Kultur).
Bei der Ungras- und Unkrautbehandlung muss beachtet werden, dass bei Trockenheit oder sehr
klutigen Böden und gleichzeitig starkem Ackerfuchsschwanzdruck, der bei der Behandlung schon mehr als ein Blatt „besitzt“ reine Bodenherbizide überfordert sind. Standorte mit Ackerfuchsschwanz und Unkräutern sollten dann mit Kombinationen aus blatt- und bodenaktiven Mitteln behandelt werden, um den Neuauflauf von Unkräutern sowie die Resistenzgefahr blattaktiver Herbizide zu minimieren. Stimmt allerdings Bodenfeuchtigkeit und Bodenstruktur kann bei schwachem bis mittleren Afu-Besatz oder auf reinen Windhalmstandorten mit vorwiegend bodenwirksamen Mitteln gearbeitet werden.
Wenn allerdings der frühe Zeitpunkt für Bodenherbizide versäumt wurde, kann in der Wintergerste nur noch mit einem reinen Blattherbizid wie Axial 50 gegen Ackerfuchsschwanz behandelt werden. Axial 50 hat die beste Wirkung zum Ende der Vegetation (Nikolausspritzung). Dieses Mittel muss mit einem Partner gegen zweikeimblättrige Unkräuter kombiniert werden. Viper Compact, Stomp Aqua, Agolin, Malibu, Trinity, Herold, … können hier zum Einsatz kommen. Noch besser ist die Ausbringung im Splittingverfahren.
Eine zweimalige Anwendung (Herbst + Frühjahr) von Axial 50 ist rechtlich verboten und macht aus resistenzgründen auch keinen Sinn.
Bei Weizen besteht als Notmaßnahme bei unzureichenden Wirkungsgraden die Möglichkeit der
Nachbehandlung mit Niantic oder Traxos.
Der Einsatz von Niantic im Herbst wird nicht empfohlen, da aus Resistenzmanagementgründen
diese noch gut wirksamen Wirkstoffe auf Frühjahrsanwendungen in Weizen beschränkt werden sollten.
Niantic hat im Herbst nur dann seine Berechtigung, wenn massive Trespenprobleme vorhanden sind,
kann dann aber nur in Weizen eingesetzt werden.
Schnecken
Auch in Wintergetreide können Schnecken während dem Auflaufen Schäden verursachen. Um dies zu verhindern legen Sie direkt nach der Aussaat feuchte Jutesäcke, Bretter, Schneckenfolien oder ähnliche Materialien aus, um den Besatz zu ermitteln und bei Bedarf rechtzeitig zu behandeln. Als Bekämpfungsrichtwert für Wintergetreide kann während des Gefährdungszeitraums (Saat bis ES 14) im Durchschnitt von ca. 5 Kontrollstellen eine Schnecke je Kontrollstelle angesetzt werden. Zugelassene Molluskizide finden Sie im „Integrierter Pflanzenschutz 2024“ auf der Seite 22 in Tabelle 3.
Bei Wintergetreideflächen in Schutzgebieten müssen die Bekämpfungsschwellen dokumentiert werden (siehe IPSplus).
Bitte beachten:
Bei der Planung der Unkrautbekämpfungsmaßnahmen in Wintergetreide müssen die vorgeschriebenen Anwendungsbestimmungen mit einkalkuliert werden. Der Anwender sollte sich
daher rechtzeitig damit vertraut machen. Insbesondere die Auflagen zu Saumbiotopen und zum Gewässerschutz, wie unbehandelte, begrünte Randstreifen bei Hangneigung über 2% und Gewässerabstände können den Einsatz einiger Mittel stark einschränken. Auch sind die Abstandsauflagen an AWGN-Gewässern zu berücksichtigen. Teilweise haben Produkte bei unterschiedlichen Aufwandmengen auch unterschiedliche Abstände zu den Gewässern. Ähnliches gilt bei Generika-Produkten. Diese haben fast immer höhere Abstände zum Gewässer wie die Originale.
Der Wirkstoff Chlortoluron darf nicht eingesetzt werden auf drainierten Flächen (NG405), leichten Böden (NG 414: Sand bis schwach schluffiger toniger Sand mit Corg <1,5%). Außerdem gilt die Hangneigungsauflage NG 404: bei einer Hangneigung>2% zwischen behandelter Fläche und Oberflächengewässer muss eine mindestens 20m breite geschlossene Pflanzendecke vorhanden sein oder die Saat im Direktsaat, bzw. Mulchsaatverfahren erfolgt sein.
Es gelten die untenstehenden Anwendungsbestimmungen für Pendimethalin- und Prosulfocarb- haltige Mittel (z.B.: Stomp Aqua, Picona, Activus, Addition/Agolin, Malibu, Trinity, Boxer/Filon, Jura, …) die die Verflüchtigung und Abdrift herabsetzen sollen.
Die Anwendungsbestimmungen haben folgenden Wortlaut:
(NT145) "Das Mittel ist mit einem Wasseraufwand von mindestens 300 l/ha auszubringen. Die
Anwendung des Mittels muss mit einem Gerät erfolgen, das in das Verzeichnis
"Verlustmindernde Geräte" vom 14. Oktober 1993 (Bundesanzeiger Nr. 205, S. 9780) in der
jeweils geltenden Fassung, mindestens in die Abdriftminderungsklasse 90 % eingetragen ist.
Abweichend von den Vorgaben im Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" sind die
Verwendungsbestimmungen auf der gesamten zu behandelnden Fläche einzuhalten."
(NT146) "Die Fahrgeschwindigkeit bei der Ausbringung darf 7,5 km/h nicht überschreiten."
(NT170) "Die Windgeschwindigkeit darf bei der Ausbringung des Mittels 3 m/s nicht
überschreiten."
Produkte wie z.B.: Addition, Agolin, Broadcast, Carpartus SC, Jura, Trinity, Viper Compact, Sunfire, … dürfen auf drainierten Flächen nur bis zum 31.Oktober eingesetzt werden.
Nicht bei allen Produkten mit dem Wirkstoff Prosulfocarb müssen Sie die oben aufgeführten NT-Auflagen einhalten. Um Einträge des Wirkstoffs Prosulfocarb in Nicht-Zielflächen zu verhindern/reduzieren ist unsere Empfehlung diese NT-Auflagen bei allen Produkten mit dem Wirkstoff Prosulfocarb einzuhalten. Somit leisten Sie einen wichtigen Beitrag, dass der Wirkstoff Ihnen noch lange zur Verfügung steht.
Es wird darauf hingewiesen, dass landesweit Kontrollen bezüglich Gewässerabstandsauflagen und
CTU – Anwendungsbestimmungen durchgeführt werden.
Zuwiderhandlungen sind bußgeldpflichtig und es werden noch Abzüge bei den
Prämienzahlungen vorgenommen. Informieren Sie sich deshalb rechtzeitig.
Auch wird die Durchführung bzw. Dokumentation der IPSplus – Maßnahmen kontrolliert!
Winterraps
Bis jetzt wurde auf von uns kontrollierten Rapsflächen die Bekämpfungsschwelle beim Rapserdfloh noch nicht überschritte. Bei dieser Wetterlage müssen Sie weiterhin Ihre Rapsschläge auf Schneckenbefall kontrollieren.